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Das Urteil wurde aufgehoben durch Beschluß des OLG Celle vom 10.02.1986 - 2 Ss (OWi) 297/85.

 

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Geschäfts-Nr.: 22 OWi 41 Js 3788/84 - 1146/84

Im Namen des Volkes

Bußgeldsache gegen

gegen

1. den Sparkassenkaufmann Hartmut Bokelmann ..., wohnhaft Blockkamp 26, 3101 Hohnhorst,

2. den Landwirt Günther v. Hohnhorst ..., wohnhaft in 3101 Hohnhorst, Am alten Hof 3,

wegen Verstoßes gegen die Wasseranschlußsatzung

Das Amtsgericht in C e l l e

hat in der Sitzung vom 15. Februar 1985, an der teilgenommen haben

Richterin am Amtsgericht Zimmermann

Staatsanwalt Robra
als Beamter der Staatsanwaltschaft,

Rechtsanwalt Paulo, Celle f. d. Betr. zu 1),
Rechtsanwältin Pretzsch, Celle f. d. Betr. zu 2.)
als Verteidiger,

Justizangestellte König als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Der Betroffene zu 1) wird wegen fahrlässiger 0rdnungswidrigkeit gemäß §§ 28, 4 WAS vom 14. 12. 1981 in der Fassung vom 08. 12. 1983 in Verbindung mit §§ 6 Abs. 2, 8 der Nds. Gemeindeordnung (NGO) vom 07. 01. 1974 zu einem

Bußgeld in Höhe von 150,-- DM

verurteilt.

Der Betroffene zu 2) wird wegen fahrlässiger Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 28, 6 WAS in Verbindung mit §§ 6 Abs. 2, 8 Nds. GO zu einem

Bußgeld in Höhe von 110,-- DM

verurteilt.

Die Betroffenen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

G r ü n d e

Der Betroffene zu 1) ist Eigentümer des in Hohnhorst Blockkamp 26, Flur 1, Flurstück 65/1 der Gemarkung Hohnhorst gelegenen Grundstückes. Der Betroffene zu 2) ist unter anderem Eigentümer des in Hohnhorst, Am alten Hof 3, Flur 2, Flurstück 41/4 der Gemarkung Hohnhorst gelegenen Grundstückes.

Bis zum Jahre 1979 versorgten sich in Hohnhorst nahezu alle Haushalte aus eigenem Tiefbrunnen mit Trink- und Brauchwasser. Im Herbst 1978 begann der Wasserversorgungsverband im Landkreis Celle unter seinem damaligen Geschäftsführer und dem heutigen Gemeindedirektor der Gemeinde Winsen/Aller, dem Zeugen Linde, mit dem Anschluß des Ortes Hohnhorst an die öffentliche Wasserversorgung. Da es in Hohnhorst wie in anderen Orten auch, Widerstand gegen den Anschluß der einzelne Grundstücke an die zentralen Wasserversorgungsanlagen gab, wurde im Herbst 1978 eine Versammlung abgehalten. An dieser nahmen unter anderem teil die beiden Betroffenen, der Onkel des Betroffenen zu 2), Dr. Lothar v. Hohnhorst gegen den gleichfalls ein Verfahren wegen Verstoßes gegen die Wasseranschlußsatzung anhängig ist; sowie die Zeugen Wilhelm Knoop, Herbert Tietje; Günter Wilkens, Walter Ehlers, Günther Krössmann; Eheleute Grulich, Willi Drögemüller, Ulrich Lübbe, sämtlich zum damaligen Zeitpunkt Eigentümer in Hohnhorst gelegener Grundstücke. Bei der Unterrichtung der Hohnhorster Bürger über die Durchführung des Anschluß- und Benutzungszwanges durch den Zeugen Linde wurden diese auf dieser Versammlung darauf hingewiesen, daß für Hohnhorst nicht auf die Durchführung des Anschluß- und Benutzungszwanges verzichtet werde. Allerdings machte der Zeuge Linde das Zugeständnis, man werde bei der Durchführung des Anschluß- und Benutzungszwanges einigermaßen großzügig verfahren. Es könne eine Übergangsfrist von ca. 3 Jahren eingeräumt werden, da es bei dem Anschluß der- Hohnhorster Grundstücke an das öffentliche Versorgungsnetz nicht auf jeden Monat ankomme.

Im Anschluß an diese Versammlung fand eine Bürgerversammlung statt, bei der eine Vielzahl Hohnhorster Grundstückseigentümer den Onkel des Betroffenen zu 2), Herrn Dr. Lothar v. Hohnhorst zu Ihrem Sprecher wählten. Dieser stellte sodann für 50 Hohnhorster Grundstückseigentümer den Antrag, den Ort Hohnhorst vom Anschluß- und Benutzungszwang zu befreien. Nachdem der Geschäftsführer des Wasserversorgungsverbandes hierzu Stellung genommen hatte, bat Herr Dr. Lothar v, Hohnhorst, sein Anliegen in der Sitzung des Verbandsausschusses des Wasserversorgungsverbandes vom 20. März 1979 vortragen zu dürfen. In dieser Sitzung wurde der Antrag auf Befreiung des Ortes Hohnhorst vom Anschluß- und Benutzungszwang einstimmig zurückgewiesen.

Seit 1979 kann das Grundstück des Betroffenen zu 1), das an eine öffentliche Straße mit einer betriebsfertigen Versorgungsleitung grenzt, an das zentrale Wasserversorgungsnetz angeschlossen werden. Der Antrag des Betroffenen zu 1) vom 29.09.1981 auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang wurde durch Bescheid des Wasserversorgungsverbandes vom 26. 10.1981 zurückgewiesen. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Betroffenen zu 1) vom 28.11.1981 wurde durch Bescheide vom 07./18. 05. 1982 zurückgewiesen, Rechtsmittel hiergegen wurden durch den Betroffenen zu 1) nicht eingelegt. Auf einen nochmaligen Antrag des Betroffenen vom 02. 11. 1982 auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang hin, lehnte der Wasserversorgungsverband durch Bescheid vom 18. 11. 1982 den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens ab. Nachdem der Wasserversorgungsverband bereits mit Schreiben vom 12. 10. 1982 den Betroffenen zu 1) aufgefordert hatte, den nach der Wasseranschlußsatzung erforderlichen Antrag auf Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage zu stellen und dieser dies zunächst mit Schreiben vom 02. 11. 1982 abgelehnt hatte, ging schließlich am 27. 04. 1983 der unterschriebene Antrag des Betroffenen zu 1) vom 28. 01. 1983 ein, der allerdings "vorbehaltlich einer endgültigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung" gestellt wurde. Auf die Ankündigung vom 28. 12. 1983, daß die Betriebsführung der Stromversorgung Osthannover GmbH den Hausanschluß des Betroffenen am 16. 01. 1984 fertigstellen wird, ließ der Betroffene zu 1) vortragen, daß er bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Verpflichtung zur Herstellung eines Hausanschlusses jedem das Betreten seines Grundstückes zur Herstellung eines Hausanschlusses untersage. Der Hausanschluß für das Grundstück des Betroffenen zu 1) ist bis heute nicht hergestellt.

Das Grundstück des Betroffenen zu 2) ist seit dem Jahre 1979 betriebsfertig an das zentrale Wasserversorgungsnetz angeschlossen. Der Hausanschluß einschließlich des Wasserzählers zur Verbrauchsabrechnung ist vollständig hergestellt. Der Betroffene zu 2) entnimmt jedoch der öffentlichen Wasserversorgungsanlage keinerlei Wasser.

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassungen der beiden Betroffenen, soweit ihnen gefolgt werden konnte, den Aussagen der Zeugen Linde, Knoop, Tietje, Gosewich, Wilckens, Ehlers, Krössmann, Dagmer und Günther Grulich, Willi Drögemüller und Ulrich Lübbe, ferner den auszugsweise verlesenen Verwaltungsakten des Wasserversorgungsverbandes bezüglich Hartmut Bokelmann und Günter v. Hohnhorst, insbesondere der verlesenen Niederschrift über die Sitzung des Verbandsausschusses des Wasserversorgungsverbandes vom 20. 03. 1979.

Die Betroffenen haben sich dahin eingelassen, vor der Errichtung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage in Hohnhorst sei auf der öffentlichen Versammlung im Herbst 1978 den Einwohnern von Hohnhorst von dem Zeugen Linde zugesagt worden daß die Einwohner nach Ablauf von. 3 Jahren selbst, darüber entscheiden könnten, ob sie an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen werden wollen oder nicht und daß für den Ablauf von 3 Jahren lediglich die Mindestgebühren zu zahlen seien. im Hinblick auf diese Zusage hätten die Grundstückseigentümer von Hohnhorst auf eine Klage gegen die Einführung des Anschluß- und Benutzungszwanges verzichtet. Von der Zurückweisung des Antrages auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang in der Verbandsausschußsitzung vom 20. 03. 1979 sei ihnen von ihrem Sprecher, Herrn Dr. Lothar v. Hohnhorst, nie etwas gesagt worden. Im übrigen hätte dieser auch keine Einflußnahme auf sie gehabt. Hierzu hat der Betroffene zu 1) ergänzend ausgeführt, ihm sei von Anfang an klar gewesen, daß er sich auf jeden Fall wegen der besonderen Lage seines Grundstücks gegen den Anschluß wehren würde. Der Betroffene zu 2) hat ausgeführt, es sei gleichfalls von vornherein sein Ziel gewesen, gegen den Anschlußzwang "anzugehen", damit da "nichts laufe". Der Betroffene zu 2) hat sich ergänzend dazu eingelassen, die Zusage des Zeugen Linde habe auch den Inhalt gehabt, daß der Hausanschluß nicht hergestellt werden müsse. Im übrigen ist er der Meinung, über seinen Antrag auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang sei vom Wasserversorgungsverband noch nicht entschieden worden.

Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung haben die Betroffenen durch ihr Verhalten gegen die Wasseranschlußsatzung vom 14. 12. 1981 in der Fassung vom 08. 12. 1983 verstoßen, und zwar der Betroffene zu 1) gegen § 4 der Satzung, wonach Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, verpflichtet sind, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen, wenn sie an eine öffentliche Straße mit einer betriebsfertigen Versorgungsleitung grenzen. Diese Voraussetzungen sind im Falle des Betroffenen zu 1) gegeben. Der Betroffene zu 2) hat gegen § 6 der Satzung verstoßen, wonach auf Grundstücken, die an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen sind, der gesamte Bedarf an Wasser ausschließlich aus dieser Anlage zu decken ist.

Auf eine Zusage des damaligen Geschäftsführers des Wasserversorgungsverbandes, des Zeugen Linde, wonach sie nach Ablauf von 3 Jahren selbst darüber entscheiden könnten, ob sie an die öffentliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen werden wollen, können sich die Betroffenen nicht mit Erfolg berufen. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen daß eine solche Zusage durch den Zeugen Linde nicht abgegeben worden ist.

Der Zeuge Linde hat ausgesagt, er könne eine solche Zusage nicht gegeben haben, da eine solche Zusage nicht denkbar sei. Es habe in vielen Orten Widerstand gegen die Einführung eines Anschluß- und Benutzungszwanges gegeben, es sei hierbei aber nie in der Weise verfahren worden, daß das öffentliche Versorgungsnetz erstellt worden sei, alsdann den Betroffenen aber die Wahl verblieben wäre, ob sie sich an diesem erstellte Netz anschließen wollen oder nicht. Er habe vielmehr klar zum Ausdruck gebracht, daß auch der Ort Hohnhorst an das öffentliche Wasserversorgungsnetz angeschlossen werde. Er wisse auch noch, daß er wohl gesagt habe, es werde hierbei einigermaßen großzügig verfahren. Es komme nicht auf den Monat an, in dem die Grundstücke an das Versorgungsnetz angeschlossen würden. Der Zeuge Linde konnte sich zwar an die Angabe einer 3 Jahresfrist für die Übergangszeit nicht erinnern. Da aber sämtliche übrigen Zeugen einheitlich ausgesagt haben, es sei von einer Frist von 3 Jahren die Rede gewesen, der Zeuge Linde im übrigen diese genannte Frist nicht mit Sicherheit ausschließen konnte, sieht es das Gericht als erwiesen an, daß bei der Übergangsfrist von einer solchen von 3 Jahren die Rede war. Das Gericht hält im übrigen die Aussage des Zeugen Linde insoweit für überzeugend, als dieser in Abrede gestellt hat, es sei im weiteren zugesagt worden, nach Ablauf dieser Übergangsfrist könnten die Einwohner von Hohnhorst selbst über die Durchführung des Anschluß- und Benutzungszwanges entscheiden. Wie der Zeuge Linde selbst ausgesagt hat, führte er nicht zum ersten Mal den Anschluß- und Benutzungszwang in einem Ort durch, in dem es gegen den beabsichtigten Anschluß Widerstände gab. Der Zeuge Linde befand sich vielmehr, wie er ausgesagt hat, in der Mitte seiner Laufbahn als Verbandsgeschäftsführer des Wasserversorgungsverbandes. Es muß daher davon ausgegangen werden, daß dem Zeugen Linde sehr wohl bewußt war, daß er zur Abgabe einer solchen bindenden Zusage aufgrund der Satzung seines Verbandes und ohne Rücksprache mit weiteren Stellen nicht berechtigt war. Im übrigen erscheint es auch sinnwidrig, anzunehmen, daß der Verband mit Aufwendung erheblicher Mittel das öffentliche Versorgungsnetz für Hohnhorst erstellt, alsdann es aber den Bürgern von Hohnhorst überlassen würde, frei über den Anschluß zu entscheiden, zumal aufgrund des hervorgetretenen Widerstandes von Anfang an damit gerechnet werden mußte, daß eine Vielzahl der Hohnhorster Bürger von dieser Wahlmöglichkeit dann in der Weise Gebrauch machen würden, daß sie sich nach wie vor aus den eigenen ihnen zur Verfügung stehenden Tiefbrunnen versorgen. Es ist dem Gericht auch nicht ersichtlich, warum der Zeuge Linde in seiner Eigenschaft als Verbandsgeschäftsführer in einer solchen Weise über die ihm zustehenden Befugnisse und über das üblicherweise bei der Einführung des Anschluß- und Benutzungszwanges gewählte Verfahren hinausgehen sollte. Zwar haben die Betroffenen versucht, hierfür als einleuchtende Erklärung anzugeben, daß hiermit ein Verzicht der Hohnhorster Bürger auf eine Klage gegen die Durchführung des Anschluß- und Benutzungszwanges erreicht worden wäre. Dies erscheint dem Gericht jedoch nicht glaubhaft. Zum einen hat der Zeuge Linde ausgesagt, von einem erklärten Verzicht auf eine Klage höre er zum ersten Mal. Im übrigen haben auch die meisten der vernommenen Zeugen erklärt, nichts davon zu wissen, daß auf der Versammlung von einer beabsichtigten Klage und einem Verzicht hierauf die Rede gewesen sei. Letztlich spricht auch der weitere Ablauf des Verfahrens hiergegen. Denn der Sprecher der Hohnhorster Bürger, Dr. Lothar v. Hohnhorst, hat, nachdem im Nachhinein in der Sitzung des Verbandsausschusses des Wasserversorgungsverbandes am 20. März 1979 sein Antrag auf Befreiung des Ortes Hohnhorst vom Anschluß- und Benutzungszwang ausdrücklich zurückgewiesen wurde, eine solche Klage jedenfalls nicht erhoben. Letztlich spricht für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen Linde und gegen die von den Betroffenen über den Inhalt der abgegebenen Zusage aufgestellten Behauptungen, daß nach dieser Versammlung der Sprecher der Hohnhorster Bürger in der Wasserverbandsausschußsitzung vom 20. März 1979 ausdrücklich den Antrag auf Befreiung des Ortes Hohnhorst vom Anschluß und Benutzungszwang gestellt hat. Denn wäre eine Zusage in der von den Betroffenen geschilderten Art von dem Zeugen Linde gegeben worden, so hätte es dieses ausdrücklichen Antrages weitgehend nicht mehr bedurft. Ferner muß davon ausgegangen werden, daß Dr. Lothar v. Hohnhorst auf die Zurückweisung seines Antrages hin zumindest auf die angebliche Zusage durch den Verbandsgeschäftsführer, den Zeugen Linde, hingewiesen hätte. Derartiges ist jedoch in dem Protokoll über die Verbandsausschußsitzung nicht vermerkt.

Die Aussage des Zeugen Linde wird auch nicht durch die Aussagen der Zeugen Knoop, Tietje, Gosewich, Wilkens, Ehlers, Krössmann, Dagmar und Günther Grulich, Willi Drögemüller und Ulrich Lübbe erschüttert. Zwar stimmen diese Aussagen im wesentlichen Kern darin überein, daß sämtliche Zeugen bekunden, der Zeuge Linde habe erklärt, die Eigentümer von Hohnhorst müßten drei Jahre lang eine Mindestgebühr bezahlen, im übrigen wäre ihnen aber nach 3 Jahren freigestellt, welches Wasser sie nehmen würden. Abgesehen von diesem Satz geben jedoch die Bekundungen der Zeugen den Inhalt der angeblich von dem Zeugen Linde abgegebenen Erklärung nur unvollständig bzw. auch in sich widersprüchlich wieder. Dies gilt --insbesondere auch im Hinblick auf den dem Betroffenen zu 1) betreffenden Umstand, ob darüber hinaus zugesagt worden wäre, auch der Hausanschluß müsse nicht erstellt werden. So hat der Zeuge Knoop ausgesagt, der Zeuge Linde habe erklärt, erstmal müsse die Ringleitung gelegt werden. Die Anschlußgebühren müßten die Eigentümer bezahlen. Der Zeuge Linde habe zwar einerseits gesagt: "Ihr müßt anschließen", andererseits habe er aber gesagt, es werde kein Zwang bestehen, wörtlich könne er dies nicht mehr wiedergeben. Der Zeuge Linde habe jedenfalls gesagt, es sei kein "voller Zwang". Er selbst habe jedoch nach 3 Jahren das Wasser aus dem öffentlichen Netz genommen, da er befürchtet habe, es könne einmal seine Pumpe kaputtgehen Auch habe er später einmal davon gehört, daß gegen andere Eigentümer, die nicht angeschlossen hätten, Bescheide ergangen seien. Ihm sei auch später einmal von Herren, die in dieser Sache auf seinem Grundstück gewesen seien, gesagt worden, so etwas, wie der Zeuge Linde es gesagt haben solle, gebe es nicht. Der Zeuge Tietje hat ausgesagt: seiner Meinung nach sollte jeder den Hausanschluß selber legen lassen. Er selbst habe die Aussage des Zeugen Linde gleichfalls so verstanden, daß nach 3 Jahren jeder frei wählen könne ob er das öffentliche Wasser nehmen wolle oder nicht. Der Zeuge Tietje hat ferner eingeräumt, unter den anwesenden Bürgern sei von vornherein klar gewesen, daß man sich "nach allen Regeln der Kunst" gegen den Anschluß wehren würde.

Der Zeuge Gosewich hat ausgesagt, an der Versammlung, an der der Zeuge Linde anwesend gewesen sei, selbst nicht teilgenommen zu haben. Ihm sei aber später von dem Sprecher der Hohnhorster Bürger, Dr. Lothar v. Hohnhorst, gesagt worden, 3 Jahre müssen nur die Mindestgebühren bezahlt werden. Alsdann würde kein Zwang zur Abnahme des öffentlichen Wassers bestehen. Der Zeuge Wilkens hat gleichfalls ausgesagt, seiner Meinung nach habe der Zeuge Linde zugesagt, daß man nach 3 Jahren frei wählen könne, ob man das Wasser abnehme oder nicht. In den ersten 3 Jahren müsse allerdings die Mindestgebühr bezahlt werden. Er selbst habe sich schon gewundert, warum man 3 Jahre die Mindestgebühr zahlen müsse, wenn man doch später nicht das öffentliche Wasser abnehmen müsse. Er habe aber keinerlei Grund gehabt, den Zeugen Linde oder andere Personen danach zu fragen. Für ihn sei die Sache damit erledigt gewesen, daß man nach 3 Jahren den Anschluß nicht durchführen brauche.

Der Zeuge Grulich hat ausgesagt, es sei vom Zeugen Linde gesagt worden, die Bürger müßten für eine gewisse Zeit bezahlen. Im übrigen sei später der Anschluß der eigenen Entscheidung überlassen. Ob sich diese Zusage auch auf den Hausanschluß bezöge, wisse er nicht.

Die Zeugin Grulich hat dies gleichfalls bestätigt, ergänzend ausgesagt, der Zeuge Linde habe sogar gesagt, man sei froh, wenn sich nicht alle Bürger sofort anschließen würden, da dann das öffentliche Wasserversorgungsnetz nicht von Anfang an überbeansprucht würde.

Der Zeuge Drögemüller hat ausgesagt, soviel er wisse, sei es den Bürgern freigestellt worden, ob sie nach 3 Jahren das öffentliche Wasser abnehmen würden oder nicht. Ob sich dies auch auf den Hausanschluß bezöge, wisse er nicht. Er selber habe für sein Grundstück Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang beantragt.

Der Zeuge Lübbe hat ausgesagt, ihm sei in Erinnerung, daß die Hohnhorster Bürger auf Dauer ihre eigene Wasserversorgung hätten behalten dürfen.

Auch der Zeuge Ehlers hat ausgesagt, es sei von der Zahlung einer Mindestgebühr über 3 Jahre lang die Rede gewesen. Als dann könnten die Hohnhorster Bürger ihr eigenes Wasser weiter benutzen, um das Netz nicht zu überlasten.

Der Zeuge Krössmann hat diese Angaben im wesentlichen bestätigt, weiterhin ausgesagt, wegen der Erfahrungen der Bürger von Wohlenrode bei Einführung des Anschluß- und Benutzungszwanges habe man im Herbst 1978 im Bürgerverein über die möglichen Widerstandsmaßnahmen gegen den Anschluß des Ortes Hohnhorstes an die öffentliche Wasserversorgung diskutiert. Zusammen mit Dr. Lothar v. Hohnhorst sei er nach der öffentlichen Versammlung im Herbst 1978 noch zu dem Zeugen Linde gegangen, weil er selbst nach wie vor Bedenken gehabt hätte. Soweit er sich erinnere, habe der Zeuge Linde bei dieser Besprechung im Rathaus von Winsen Herrn Dr. v. Hohnhorst das gleiche gegenüber geäußert wie auf der öffentlichen Versammlung im Herbst 1978.

Die Aussagen dieser Zeugen haben nicht vermocht, das Gericht davon zu überzeugen, daß der Zeuge Linde die von den Betroffenen behauptete Zusage abgegeben hat. Zwar mag bei dem überwiegenden Teil der Teilnehmer an dieser Versammlung der Eindruck haften geblieben sein, der Zeuge Linde habe erklärt, nach einer 3-Jahresfrist sei jedem Eigentümer die Benutzung seines Wassers wieder freigestellt. Das Gericht ist jedoch davon überzeugt, daß dieser Eindruck nicht durch eine entsprechende Erklärung des Zeugen Linde gestützt wurde. Hierbei trägt das Gericht dem Umstand Rechnung, daß es sich bei den Hohnhorster Bürgern überwiegend um Laien handelt, denen auch anläßlich der Versammlung die genauen Einzelheiten der Problematik der Durchführung des Anschluß- und Benutzungszwanges nicht gänzlich klar geworden sind. Dies haben im wesentlichen alle Zeugen dadurch bestätigt, daß sie sich an die Einzelheiten der anstehenden Fragen, nämlich der Fragen, ab auch der Hausanschluß hergestellt werden mußte, und warum für eine Zeitlang eine Mindestgebühr gezahlt werden sollte, wenn danach dennoch der Anschluß nicht zwingend sei, nicht erinnern konnten bzw. einräumten, diese Dinge nicht wiedergeben zu können. Grund dieses Mißverständnisses scheint dem Gericht ferner darin zu liegen, daß sämtliche Hohnhorster Bürger von vornherein zum Widerstand gegen den Anschluß- und Benutzungszwang entschlossen waren. Dies hat der Betroffene zu 2) schon damit angedeutet, daß er sich dahin eingelassen hat: "Es würde dagegen angegangen", "es Iaufe da nichts". Dies hat auch der Zeuge Tietje dahingehend bestätigt, daß man sich dazu entschlossen hatte, "nach allen Regeln der Kunst" gegen den Anschluß- und Benutzungszwang vorzugehen. Das Gericht ist daher davon überzeugt, daß die Zeugen, in ihrem Bestreben, den Anschluß- und Benutzungszwang zu vermeiden, eine Äußerung des Zeugen Linde dahingehend, man werde eine Übergangsfrist von 3 Jahren einräumen, dahin verstehen wollten, und deshalb auch dahin verstanden haben daß sie vorerst vom Anschluß- und Benutzungszwang verschont blieben. Dementsprechend hat auch keiner der Zeugen - wie das Gericht mehrfach die einzelnen Zeugen gefragt hat - sich auf der Versammlung eine Bestätigung des Zeugen Linde dahingehend geben lassen, man habe ihn dahin wohl richtig verstanden, daß nach 3 Jahren der Anschluß- und Benutzungszwang nicht durchgeführt würde. Vielmehr haben die Zeugen teilweise darauf hingewiesen, für sie sei die Sache damit erledigt gewesen, eine entsprechende Rückfrage hätten sie daher nicht gehalten. Das Gericht ist daher davon überzeugt, daß bei der Erörterung der Fragen in den weiteren Versammlungen zwischen den Hohnhorster Bürgern auch die Bürger, die den Inhalt der Äußerung des Zeugen Linde nicht völlig verstanden hatten, auf die von dem Sprecher der Betroffenen erklärte Linie festgelegt wurden, es sei zugesagt worden, man brauche nach Ablauf von 3 Jahren das öffentliche Wasser nicht zu entnehmen. Daß es insbesondere dem Sprecher der Betroffenen, Dr. Lothar v. Hohnhorst, nicht darum ging, sich evtl. Zusagen des Wasserversorgungsverbandes anzupassen, geht auch daraus hervor, daß beide Betroffene sowie sämtliche Zeugen bestätigt haben, die ausdrückliche Ablehnung des Antrags auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang in der Wasserverbandsausschußsitzung vom 20. März 1983 sei ihnen nicht mitgeteilt worden. Wäre es dem Sprecher der Betroffenen tatsächlich darum gegangen, die Betroffenen über die tatsächliche Stellungnahme des Wasserverbandsausschusses und die sich daraus ergebende Rechtslage aufzuklären, so hätte er dieses den Betroffenen auch ungefragt mitteilen müssen.

Das Gericht hat eine weitere Beweisaufnahme, insbesondere die beantragte Vernehmung des Zeugen Hennies, nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme nicht mehr fürs erforderlich gehalten. Es ist schon zweifelhaft, ob dieser Beweisantrag nicht entsprechend § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO hätte zurückgewiesen werden können, wonach ein Beweismittel zurückgewiesen werden kann, wenn der Antrag zum Zwecke der Prozeßverschleppung gestellt ist. Denn es muß verwundern, daß die Verteidigung, die selbst 9 Zeugen für den Inhalt der von dem Zeugen Linde abgegebenen Zusage benannt hatte, den Zeugen Hennies erst im Termin als weiteren Zeugen benennt. Dies gilt umso mehr, als der Verteidigung aufgrund der Erkenntnis der Verwaltungsvorgänge bekannt war, daß der Zeuge Linde in der Hauptverhandlung die ihm unterstellte Zusage in Abrede stellen würde; ferner war der Verteidigung der handschriftliche Vermerk des Zeugen Hennies auf dem Einschreiben des Wasserversorgungsverbandes vom 06. 04. 1982 an Herrn Dr. Lothar v. Hohnhorst bekannt, wie die Einführung dieses Vermerkes in der Hauptverhandlung zeigt.

Indessen hat sich das Gericht im Rahmen seiner freieren Entscheidungsmöglichkeiten über die Ablehnung eines Beweisantrages im Bußgeldverfahren ohne Verstoß gegen die Aufklärungspflicht dazu in der Lage gesehen, diesen Beweisantrag der Verteidigung nicht mehr nachzugehen. Denn zum einen hat das Gericht aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme die sichere Überzeugung gewonnen, daß die von den Betroffenen behauptete Zusage durch den Zeugen Linde nicht abgegeben wurde. Dies stützt sich zum einen auf die Aussage des Zeugen Linde selbst zum anderen auf die Aussagen der übrigen Zeugen, welche vor dem tatsächlichen Hintergrund der von diesen gemachten Aussagen - nämlich dem entschlossenen Widerstand gegen die Einführung des Anschluß- und Benutzungszwanges - die Aussage des Zeugen Linde noch eher bestätigen, als diese erschüttern. Denn es erscheint dem Gericht offensichtlich, daß der Kernsatz der von diesen Zeugen aufgestellten Bekundungen, man brauche nach Ablauf von 3 Jahren das öffentliche Wasser nicht abzunehmen, erst infolge der späteren Meinungsbildung unter den Zeugen bei ihren Versammlungen bei diesen geprägt worden ist. Im übrigen haben sie selbst eingeräumt, die Dinge nicht vollständig verstanden zu haben, teilweise ist auch von einen "Zwang", wenn auch nicht von einem "vollen Zwang" die Rede. Deswegen und auch wegen des Umstandes, daß der Antrag auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang später ausdrücklich von der Wasserverbandsausschußsitzung zurückgewiesen wurde, verspricht sich das Gericht keinen weiteren Aufklärungswert von der Aussage des Zeugen Hennies. Dies gilt umso mehr, als der von diesem gefertigte Vermerk, der der Vereidigung Anlaß zu dem Beweisantrag gegeben hat, dahin lautet, "daß ein Benutzungszwang nach Satzung nicht durchgeführt, werden wird. Man werde etwa 3 Jahre als Übergangsfrist einräumen". Diese Aussage, daß nämlich der Benutzungszwang erst nach Ablauf von 3 Jahren durchgeführt würde, stimmt im wesentlichen mit den Angaben des Zeugen Linde überein. Der nunmehr gestellt Beweisantrag geht über den zugrundeliegenden schriftlichen Vermerk bei weitem hinaus, so daß das Gericht davon überzeugt ist, daß dem zusätzlich beantragten Beweis nach der gesamten Beweislage im Verhältnis zum Gericht der bisherigen Beweisaufnahme kein weiteres Gewicht zukommt.

Der Betroffene zu 2) [richtig wohl zu 1)] kann sich auch nicht darauf berufen, es sei noch nicht über seinen Antrag auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang entschieden worden. Sein Antrag vom 29. 09. 1981 auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang wurde durch Bescheid des Wasserversorgungsverbandes vom 26. 10. 1981 zurückgewiesen, der hiergegen gerichtete Widerspruch durch Bescheide vom 07. 05./ 18. 05. 1982 zurückgewiesen. Da des Betroffene hiergegen Rechtsmittel nicht erhoben hat, war ungeachtet der Aufhebung des Bescheides vom 01. 09. 1981 wegen inhaltlicher Mängel durch den Wasserversorgungsverband der Ablehnungsbescheid hinsichtlich des Antrages auf Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang bestandskräftig geworden.

Die Betroffenen haben zumindest fahrlässig gegen die Bestimmungen der §§ 4, 6 WAS verstoßen. Soweit sie glaubten, eine entsprechende Zusage des Zeugen Linde sei abgegeben worden, so daß sie nicht den Hausanschluß herstellen müßten, bzw. das Wasser abnehmen müßten, befanden sie sich in einem Verbotsirrtum, der für sie jedoch vermeidbar war. Den Betroffenen war zuzumuten, sich bei der von ihnen selbst für verwunderlich gehaltenen Regelung, wonach sie 3 Jahre die Mindestgebühr bezahlen müßten, alsdann aber nicht anzuschließen bräuchten, bei dem Zeugen Linde zu vergewissern, daß die Zusage von diesem tatsächlich wie von ihnen verstanden abgegeben wurde. Nachdem sie weder bei dem Zeugen Linde nachfragten noch weiter bei ihrem Sprecher, Herrn Dr. v. Hohnhorst, nachfragten, wie die weitere Entwicklung sei, obwohl bekannt wurde, daß Bescheide in diesen Sachen erlassen wurden, unterließen sie es pflichtwidrig, sich über die Richtigkeit ihres Verhaltens Klarheit zu schaffen. Im Hinblick auf die von ihnen angegebenen Äußerungen, wonach sie auf jeden Fall gegen den Anschluß gewesen wären und sind, liegt es sogar nahe, daß sie sich einer solchen Aufklärung des Sachverhalts absichtlich verschlossen. Auf die anwaltliche Beratung können sie sich schuldausschließend nicht berufen, da beide, auf Nachfrage des Gerichtes eingeräumt haben, hiervon unabhängig zu sein, und auf jeden Fall den Anschluß verhindern zu wollen. Sie können sich ferner auch nicht auf den Freispruch in der Bußgeldsache gegen Eberhard Bokelmann- Az. 22 OWi 1495/83 berufen. Soweit sie dieses Urteil überhaupt im einzelnen kannten, mußten sie sich sagen, daß hiermit die Sache nicht verbindlich geklärt sein konnte, da der Zeuge Linde überhaupt nicht gehört worden war. Im übrigen hatten sie zu diesem Zeitpunkt schon einen großen Teil der ihnen vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit erfüllt, indem sie nämlich 3 Jahre nach der Versammlung nach wie vor die Herstellung des Hausanschlusses sowie die Abnahme des öffentlichen Wassers verweigerten.

Unter Berücksichtigung der schwierigen Problematik des Anschluß- und Benutzungszwanges und der diesen vorangegangenen Besprechungen, die von den Betroffenen möglicherweise nicht klar erfaßt wurden, und sie deshalb in ihrem von vorneherein beabsichtigten [so steht es geschrieben?!] der verhängten Bußgelder für gerechtfertigt.

Ein Bußgeld in Höhe von 150,-- DM erschien im Falle des Betroffenen zu 1), ein solches in Höhe von 110,-- DM im Falle des Betroffenen zu 2) tat- und schuldangemessen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit 465 StPO.

Zimmermann


Nachtrag: das vorstehende Urteil wurde nicht rechtskräftig. Es wurde aufgehoben durch den Beschluß des OLG Celle vom 10.02.1986 - 2 Ss (OWi) 297/85 und das Verfahren von einer anderen Abteilung des AG Celle eingestellt. Der Betroffene zu 1) starb im März 2001. Zu seinen Lebzeiten und darüber hinaus bis mindestens Anfang 2004 (Stand Anfang 2004) - also 25 Jahre lang - wurde sein Grundstück nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Er mußte - zumindest in seinen eigenen vier Wänden - nie einen einzigen Schluck öffentliches Wasser trinken und war recht stolz auf dieses Ergebnis unbeugsamer Beharrlichkeit.